Zur Biodiversität auf sächsischen Ackerflächen - Dokumentation, Bewertung und Möglichkeiten der Förderung

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Im Rahmen des Förderprogramms »Umweltgerechte Landwirtschaft im Freistaat Sachsen (UL)« werden u. a. der ökologische Landbau sowie konservierende, d. h. pfluglose Bodenbearbeitungsverfahren seit 1993 finanziell gefördert. Als vorrangige Ziele bei der Ausweitung pflugloser Bodenbearbeitungsverfahren im Ackerbau gelten der Erosionsschutz, die Stabilisierung des Wasserhaushaltes und die Schaffung eines optimalen Bodengefüges. Auf die vielfältigen Intentionen des Ökolandbaus soll an dieser Stelle nicht eingegangen werden.

Seit einigen Jahren stehen immer häufiger die Effekte der genannten Produktionssysteme auf die Biodiversität der Ökosysteme im Mittelpunkt des Interesses der angewandten agrarökologischen Forschung. An der Sächsischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) wurden in einem zweijährigen Forschungsvorhaben (2002-03) Auswirkungen des UL-Programms auf die biologische Vielfalt von Ackerschlägen des Freistaates Sachsen untersucht. Nachfolgend werden dieses  Projekt und seine wichtigsten Ergebnisse vorgestellt.

Im Rahmen dieses Forschungsprojektes erfolgten auf zwei typischen Lößstandorten des Freistaates Sachsen Untersuchungen zu Auswirkungen der Mulch- bzw. Direktsaat sowie des ökologischen Landbaus auf verschiedene Zönosen (Bodenmikroben, Mesofauna, Laufkäfer und Spinnen, Segetalpflanzen).

Die bisherigen Ergebnisse weisen darauf hin, dass die konservierenden Verfahren besonders im Bereich der Bodenoberfläche signifikant positiv auf zahlreiche Bodenorganismen wirken. Gefördert wurden neben zahlreichen größeren Laufkäfer- und Spinnenarten auch die Biomasse und Aktivität der Bodenmikroben sowie die Fraßaktivität der Bodenmesofauna. Besondere Aufmerksamkeit verdienen dabei einige Organismen, die zur Regulation solcher Schaderreger beitragen können, die gerade bei pflugloser Bodenbearbeitung als problematisch gelten. So erreichten z. B. zwei Laufkäferarten der Gattung Carabus, die als effektive Gegenspieler von Schnecken und bodenaktiven Insektenlarven auftreten können, in Folge der pfluglosen Verfahren signifikant höhere Aktivitätsdichten. Auf den Mulch- und Direktsaatvarianten wurden etwa drei- bis fünfmal mehr Individuen der Spezies Carabus auratus und C. cancellatus erfasst als auf der Pflugparzelle.

Auch die Gilden der Humusbildner und Mineralisierer (Elemente der Mesofauna und Bodenmikroben), die als Zersetzer von Ernte- und Wurzelrückständen den Rückgang von Infektionsquellen bedeutender Pilzkrankheiten bewirken, werden hinsichtlich ihrer Aktivität und Biomasse durch konsequenten Pflugverzicht signifikant gefördert. Dies gilt besonders für die obersten zehn Zentimeter der Bodenschicht, also gerade für den Horizont, der für die Zersetzung der organischen Rückstände bei pfluglosen Verfahren hauptsächlich zur Verfügung steht. Dort wurden auf den konservierend bestellten Varianten etwa doppelt so hohe mikrobielle Biomassen sowie eine um das Drei- bis Zwanzigfache gegenüber der Pflugvariante erhöhte Köderfraßrate (Bait-Lamina-Test) festgestellt.

Der ökologische Landbau in der geprüften Ausprägung hatte auf die Bodenmikroorganismen und die Fraßaktivität der streuabbauenden Bodenfauna keine tendenziellen Auswirkungen. Dagegen erreichten die Segetalflora sowie die davon profitierenden Organismengemeinschaften (z. B. samenfressende Laufkäferarten) auf den Ökoschlägen erwartungsgemäß signifikant höhere Arten- und Individuenzahlen.

Auf Grund der üblichen Unkrautbekämpfungsroutinen stellen pfluglose Verfahren kein geeignetes Instrument zur Förderung der botanisch-floristischen Vielfalt und aller darauf aufbauenden Zönosen dar. Eine solche Förderung wird derzeit ausschließlich durch extensive Bewirtschaftungsstrategien ohne chemischen Pflanzenschutz sowie durch Stilllegungspraktiken und gezielte Maßnahmen (z. B. im Rahmen des Vertragsnaturschutzes) gewährleistet. Ungeachtet aller positiven Entwicklungen innerhalb der konventionellen Landwirtschaft kommt dem Ökologischen Landbau deshalb nach wie vor eine hervorragende Rolle bei der Gewährleistung einer hohen Biodiversität in unseren Agrarlandschaften zu.

Im Rahmen der vorliegenden Arbeit erreichten insbesondere die Individuenzahlen bzw. Deckungsgrade der Segetalvegetation auf den Ökoflächen um ein Vielfaches höhere Werte als bei konventioneller Bewirtschaftung. Auch die Artenzahlen waren unter den Bedingungen des ökologischen Landbaus signifikant höher. Geringe Auswirkungen hatte der Ökolandbau unter den gegebenen Bedingungen dagegen auf das Vorkommen und den Bestand an seltenen oder gefährdeten Spezies der Ackerbegleitflora.

Die Untersuchungen belegen, dass bei der Etablierung nachhaltiger Acker- und Pflanzenbaustrategien neben dem Ökologischen Landbau auch konservierende Bodenbearbeitungsmaßnahmen von großer Bedeutung sind. Die genannten positiven Effekte von Direkt- und Mulchsaatverfahren auf biologische Vielfalt und Selbstregulation der Flächen bedürfen allerdings einer generellen Beibehaltung des Pflugverzichts über lange Zeiträume.

Der in der Schriftenreihe der LfL veröffentlichte Endbericht sowie ein Tabellenanhang zu den dargestellten Ergebnissen stehen als PDF-Dateien zur Verfügung.

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