20.10.2022

Infotage: Umstellung auf Ökolandbau

Menschengruppe in Feld
© Clara Göckeritz, LfULG

Unter dem Titel »Info-Tage: Umstellung auf Ökolandbau« lud das Kompetenzzentrum Ökologischer Landbau zusammen mit Verbänden und Betriebsleitern auf drei unterschiedliche Betriebe in verschiedenen Regionen in Sachsen ein. Die Betriebe berichteten von ihren Erfahrungen in der Umstellungszeit und diskutierten mit den Teilnehmenden die Frage: »Wie kann eine erfolgreiche Umstellung gelingen?« Bei Betriebsrundgängen wurde sichtbar, welche Herausforderungen und Lösungen bestehen.

»Erfolgreich Umstellen - nur mit Herz und Verstand.«

So ließe sich der eine interpretieren. »Entweder du willst Öko – oder du willst es nicht.« So der andere zitieren. Der eine ist Patrick Rückert, Geschäftsführer der Großdrebnitzer Agrarbetriebsgesellschaft mbH. Der andere ist Winfried Petzold, Verantwortlicher für den Ackerbau in der Unternehmensgruppe Landgut Nemt bei Wurzen. Beide Männer eint die Überzeugung, dass der Ökolandbau die richtige Wirtschaftsweise für Ihre Betriebe ist. Gleiches gilt für den Landwirtschaftsbetrieb Jens Richter im Vogtland. Alle drei Betriebe öffneten im September Ihre Hoftore für interessierte Kolleginnen und Kollegen und berichteten über Lust und Frust während der Umstellung auf Ökolandbau.

Die eigentlichen Worte von Patrick Rückert waren: »Es muss hier UND hier klick machen«. Wobei er bei »hier« mit der Hand zuerst auf den Kopf und dann auf das Herz zeigte. Was er meinte: Kein Landwirtschaftsbetrieb solle aus rein ökonomischen Gründen auf ökologische Wirtschaftsweise umstellen. Denn einen nachhaltig erfolgreichen Betrieb könne nur erreichen, wer sich aus Überzeugung den Öko-Richtlinien verpflichte. Wie groß die Überzeugung in Großdrebnitz ist, wird mit Rückerts Plädoyer deutlich, sich von dem Gedanken zu verabschieden, »100, 110 oder sogar 120 Prozent« Ertrag aus dem System ziehen zu wollen.  Man müsse »auch mal mit 80 Prozent zufrieden sein«. Das war dann auch die Kernbotschaft als Antwort auf die ebenso kritische wie legitime Frage einiger Teilnehmenden, ob sich der Umstieg auf Öko denn wirtschaftlich lohne.

Mit einer ähnlichen Zielrichtung nahm ein Anwesender die Größe und Entscheidungsstruktur des Betriebs in den Blick und wollte wissen, wie denn die Reaktion der Gesellschafter bei der Konfrontation mit den Umstellungsplänen ausgefallen war. Die Antwort: Ob Geldgeber, Mitarbeitende, Pachtpartnerschaften oder Nachbarbetriebe – entscheidend sei die Einbindung aller Beteiligten und Betroffenen gewesen. Und das hätte in Großdrebnitz so gut funktioniert, dass letztlich auch skeptische Köpfe dem Vorhaben motiviert folgten.

Dass die Umstellung der Großdrebnitzer GmbH auf fachlicher und betriebswirtschaftlicher Ebene durchaus herausfordernd gewesen sei, wurde im Gesprächsverlauf zwischen den Anwesenden deutlich. Im ersten Umstellungsjahr hätten vor allem Erfahrungen mit den veränderten Anbau- und Haltungsbedingungen gesammelt werden müssen, während im zweiten Jahr die Erschließung neuer Vertriebswege für Erzeugnisse und Betriebsmittel stärker in den Vordergrund gerückt sei. Beim Thema Tiergesundheit offenbarte sich, dass die Betriebsumstellung zu einer Umzüchtung der Herde von Holstein-Friesian auf Fleckvieh führte, um dem verringerten Leistungsanspruch gerecht zu werden.

»Die Milchleistung muss gleich bleiben...« 

... formulierte dagegen Sebastian Grimm, Verantwortlicher für die Milchviehhaltung der Unternehmensgruppe Landgut Nemt, und verband mit seinen Worten den Anspruch, eine wachsende Nachfrage nach Bio-Produkten bedienen zu wollen. Gerade jüngere Menschen würden langfristig den Bio-Produkten treu bleiben, so seine Einschätzung und Motivation, seine Milch künftig mit Bio-Siegel zu vermarkten. Im Hinblick auf die Milchleistung wurde intensiv über die Möglichkeiten einer leistungsoptimierten Milchviehfütterung unter Öko-Bedingungen beraten.

Auch wenn noch offenen Fragen hinsichtlich der Aufbereitung und Beurteilung des Futterwertes bestehen, kann Grimm auf eigens angebautes Soja seines Ackerbaukollegen Petzold zurückgreifen. Petzold selbst baut seit Jahren ökologisch Feldgemüse und Ackerkulturen an. Und seine Erfahrung ist an diesem Tag gefragt. Manch ein Anwesender zeigt Respekt vor den komplexen Fruchtfolgen die in Nemt beackert werden und hat noch viele Fragen wie der Anbau unter Öko-Bedingungen erfolgreich umgesetzt werden kann. Petzolds Rat: Die Entwicklung vielfältiger, aufeinander abgestimmter Betriebsstrukturen brauche Zeit. Durch Ausprobieren auf Teilflächen ließe sich Erfahrung auf dem Weg zur betrieblichen Umstellung sammeln.

Die unterschiedlichen Leistungsansprüche von Großdrebnitzer Agrarbetriebsgesellschaft und Milchgut Nemt zeigen, dass auch das Bekenntnis zu den Öko-Richtlinien unterschiedliche Wege offenlässt. Für Jens Richter, Betriebsleiter des gleichnamigen Landwirtschaftsbetriebs und seine Familie gilt es, die Bewirtschaftungspraxis verstärkt am Schutz des Allgemeinguts Wasser auszurichten. Denn die Flächen des Betriebs liegen zu 100 Prozent im Trinkwasserschutzgebiet. Welche Relevanz dieses Thema besitzt, zeigte die breite Teilnahme öffentlicher Stellen mit Wasserschutzbezug, die auf der Veranstaltung das Gespräch zum Landbewirtschafter suchten.

Für einen Bio-Betrieb spielt der Anbau von Leguminosen ohnehin eine entscheidende Rolle. Jens Richter sieht aber besonderes Potential in der heimischen Produktion von Eiweißprodukten. Gerade als Futtermittel würden diese auch als Umstellungsware verstärkt nachgefragt und können so den Weg in die ökologische Bewirtschaftung ebnen. Ein Hindernis für die ökologische Produktion ist hingegen das Fehlen regionaler Schlacht- und Verarbeitungsmöglichkeiten, welches eine konventionelle Vermarktung der Absetzer unumgänglich mache. Dies ist ein Aspekt, der viele umstellungsinteressierte und bereits ökologisch wirtschaftende Betriebe umtreibt und der auch zum Abschluss der Veranstaltungsreihe auf der Terrasse des Hofladens in Nemt neben anderen Themen rege diskutiert wurde.

Umstellung auf Ökolandbau

Kühe
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