27.06.2022

Feldtag Artenschutz bei der Mahd

© Rafael Bruns, Clara Göckeritz, LfULG

Das Kompetenzzentrum Ökologischer Landbau (KPZ ÖL)lud gemeinsam mit der AbL und dem Gastgeber Clemens Risse am 08.06.2022 zu einem Feldtag bei Meißen. Im Mittelpunkt standen moderne Messerbalkenmähwerke und die damit verbundene Frage: Wie kann eine insektenschonende und zugleich wirtschaftliche Mahd in der Praxis umgesetzt werden? Im Rahmen einer Praxisvorführung von Doppelmesser Mähwerk und Bandschwader wurden grundlegende Vor- und Nachteile und technische Details ebenso wie ökologische Aspekte diskutiert.

»Die Insekten sind es wert.«

Mit diesen knappen Worten fasste Martin Hänsel, Ökolandwirt aus Taucha, gegen Mittag den fachlichen Austausch der vergangenen Stunden zusammen – und hätte die Atmosphäre des Feldtages kaum treffender wiedergeben können. Rund fünfzig Landwirt*innen, Verbandsvertreter*innen und Mitarbeitende der sächsischen Landwirtschaftsverwaltung folgten der gemeinsamen Einladung des Kompetenzzentrums Ökologischer Landbau (KPZ ÖL), dem Demonstrationsnetzwerk KleeLuzPlus und der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft e.V. (AbL) und versammelten sich auf einer Mähweide des Bauernhofs Risse in Gröbern bei Meißen. Kurz nach 13 Uhr erfolgte die Anmoderation der Veranstaltung durch Lukas Schmidt (KPZ ÖL). Anschließend begrüßte der Gastgeber Clemens Risse die Anwesenden unter anderem mit den Worten:

»Ich freue mich, dass wir das hier mal in der Praxis ausprobieren können.«

Damit meinte er eine Technik, die trotz bisher geringer Verbreitung einige Vorteile zu bieten hat und über dessen Anwendung er gegen Ende der Veranstaltung resümieren sollte, dass »ein gewisser Grad an Idealismus« noch immer nötig sei, damit etwas in der Fläche passiere. Warum etwas passieren müsse, machte Jennifer Deichmann (KPZ ÖL) gleich zu Beginn deutlich: Über die vergangenen 30 Jahre wurde ein Rückgang der Insekten um 75 % dokumentiert. In einen Impulsvortrag ging sie auf die Gefährdungslage von Insekten, die Verantwortung der Landwirtschaft und Möglichkeiten des Insektenschutzes bei der Mahd ein. Untersuchungen zufolge sterben durch Balkenmähwerke immerhin noch 18 % der Insekten gegenüber einer Sterberate von 27 % bei Rotationsmähwerken. Jedoch könne die geringere Sterblichkeit von rund zehn Prozentpunkten entscheidend sein, ob sich einzelne Arten an einem Standort halten können oder nicht.

Bevor nun die Maschinen in Aktion treten durften, führte Gerald Priller (BB Umwelttechnik) mit knappen Worten in die Technik ein. Unter anderem verwies er auf den Mechanismus zum Einschwenken der Messerbalken bei Hindernissen als Vorteil gegenüber früherer Balkenmähtechnik. Damit räumte er gleich zu Beginn mit dem Bild von einer anfälligen Technik auf und machte deutlich, dass auch bei Balkenmähern eine Weiterentwicklung gemäß moderner Ansprüche und technischer Möglichkeiten stattgefunden hat. Vorgefahren wurden schließlich jeweils ein

  • Doppelmesser Frontmähwerk in Schmetterlingsausführung mit 9 m Arbeitsbreite
  • Doppelmesser Frontmähwerk in Standardausführung mit 2,5 m Arbeitsbreite
  • Kammschwader in zweiteiliger Ausführung für den Frontanbau mit 5,5 m Arbeitsbreite

Während das Schmetterlings-Mähwerk mit einer Geschwindigkeit von rund 12 km/h in Begleitung eines herkömmlichen Scheibenmähwerks seine Arbeit verrichtete, bewegte sich die interessierte Gruppe ein Stück weiter durch das stehende Gras. Um das Arbeitsergebnis aus nächster Nähe beurteilen zu können, wurde sich auf der frisch gemähten Fläche um Martin Hänsel und Gerald Priller versammelt, welche dem Bestand optimale Mahdbedingungen attestierten: Weit entwickelt, nicht zu dicht, aufrecht. Das Schnittverhalten des Mähwerks bei lagerndem Bestand konnte also nicht beurteilt werden. Aufmerksamen Augen blieb jedoch nicht verborgen, dass das niedergetretene Gras nur eingeschränkt vom Messerbalken erfasst wurde. Zum Freilegen der Stoppeln zwecks Würdigung der Schnittqualität hatte Martin Hänsel extra einen Rechen mitgebracht. Unverkennbar waren die glatten Schnittkanten des Doppelmesserbalkens gegenüber den fransigen Enden durch die mehr schlagende als schneidende Wirkung des Rotationsmähwerks. Ein glatter Schnitt fördert den Heilungsprozess der Pflanzen und wird durch einen zügigen Wiederaustrieb honoriert. Das Nachmessen der Schnitthöhe offenbarte eine Abweichung von rund 3 cm gegenüber den eingestellten 10 cm und gab Anlass zur Diskussion technischer Details.

Nach Aussage von Gerald Priller wird der Bestand durch die hohe Arbeitsgeschwindigkeit immer etwas niedergedrückt, wodurch der Schnitt höher ausfällt als eingestellt. Die Einstellung erfolgt durch verschraubte Gleitkufen. Zur Höhenanpassung müssen diese getauscht werden, wobei der zeitliche Aufwand rund 10 Minuten beanspruche. Wendekufen erlauben den Wechsel zwischen 4 und 6 cm. Kontrovers wurde es bei der Frage nach dem optimalen Durchmesser der Schwadtrommeln. Diese sollen im Frontanbau das Überfahren des Mähguts vermeiden und werden in zwei verschiedenen Größen angeboten. Nur die kleinere Ausführung erlaubt eine volle Variabilität in der Schnitthöhe, hinterlässt jedoch keinen ausreichend breiten Streifen für breite Pflegebereifung. Wünschenswert wäre, dass sich die Entscheidung zwischen Schonung des Mahdguts oder des Bodens oder aber einer vollvariablen Schnitthöhe, durch eine technische Anpassung erübrige, so der Tenor in der Runde.

»Wo gehen die Insekten so schnell hin?«

Mit dieser entscheidenden Frage lenkte Martin Hänsel den Fokus zurück auf das zentrale Anliegen des Feldtages. Insgesamt sei an diesem Tag wenig Flugbetrieb auf der Fläche zu beobachten, war einhellig zu vernehmen. Einige Nymphen, Heuhüpfer und Zikaden waren aber doch auszumachen und viele andere hätten sich wohl in die verschiedenen Ebenen im Bestand zurückgezogen. Den Insekten böten sich angesichts der Flächenleistung heutiger Mähtechnik kaum Ausweichmöglichkeiten, wenn keine Ausweichflächen oder Heckenstrukturen in der Nähe seien, antwortete Christoph Franke (LfULG) auf Martin Hänsels Frage. Der Erfolg beim Insektenschutz entscheidet sich also nicht allein an der Mähtechnik. So wies Jennifer Deichmann bereits zu Beginn der Veranstaltung auf die Möglichkeiten einer gestaffelten oder partiellen Mahd hin, bei denen die Insekten auf die ungemähte Flächen ausweichen können.

Und doch gäbe es keine Alternative für eine insektenschonende Mähtechnik, so Martin Hänsel. Der Umstieg bedeutet jedoch einen finanziellen Aufwand. So verwundert es nicht, dass Förderungsoptionen ein ebenfalls intensiv diskutiertes Thema auf dem Feldtag war. Gefördert wird ab 2023 die Anschaffung von Messerbalkenmähwerken mit einem Fördersatz von 80 % im Rahmen der Investitionsförderung. Eine laufende Antragstellung ist möglich. Auch die Faunaschonende Mahd selbst wird im Rahmen der Flächenförderung auf Grünland und Ackerland unterstützt. Für die Teilnahme an einigen AUK- und ISA-Maßnahmen wie der partiellen Mahd auf Grünland bei zweijähriger Nutzung oder der Pflege von Offenlandbiotopen sei die Mahd mit Messerbalken eine Fördervoraussetzung und daher die rechtzeitige Anschaffung eines Balkenmähwerks wichtig, führte Jürgen von Zitzewitz (LfULG) aus.

Als günstigste Einstiegsvariante empfiehlt der Hersteller ein Heckmähwerk mit zwei Messersätzen und Drehzahlmesser für rund 10.000 €.  Für das Doppelmesser Frontmähwerk in Schmetterlingsausführung mit 9 m Arbeitsbreite beläuft sich der Anschaffungspreis auf 47.000 €. Damit seien die Investitionskosten vergleichbar zu herkömmlichen Scheibenmähwerken, hieß es aus der Runde. In einem Kostenvergleich ist auch der Kraftstoffbedarf interessant. Gerald Priller sei keine Studie zum Thema bekannt, der geringe Leistungsbedarf von 18 PS für den 9 m Schmetterling lasse allerdings einen deutlich geringeren Verbrauch als bei einem Rotationsmähwerk vermuten. Dass der Wartungsaufwand bei Messerbalken Mähwerken jedoch höher liege, waren sich alle erfahrenen Praktiker einig. Auf die herausfordernde Frage nach der Standzeit der Messer hin, wollte oder konnte sich Gerald Priller nicht festlegen. Die Antwort war wohl so ehrlich wie unbefriedigend ungenau: 10 – 250 ha. Es käme vor allem auf die Qualität des Aufwuchses an. Etwa bei der Landschaftspflege in feinen, filzigen Beständen mit unebenen Bodenverhältnissen und Gehölzanteilen verringere sich die Standzeit erheblich gegenüber einem ersten Aufwuchs auf ebenen landwirtschaftlichen Flächen. Etwas Affinität zur Technik ist außerdem nötig. Um die Schärfe der Messer einschätzen und entsprechend nachschärfen zu können heiße es laut Martin Hänsel »immer mit einem Ohr beim Mähwerk« und »den Öldruck im Blick«.

Denn bei abnehmender Schärfe der Messer erhöhe sich der Öldruck im Antriebssystem. Auch sollte die Drehzahl vom Mähwerk zur Schlepperdrehzahl passen. Dreht das Mähwerk zu hoch, verringert sich die Standzeit, da überwiegend mit dem vorderen Klingenbereich geschnitten wird anstatt die volle Länge zu nutzen. Wer wolle, könne morgens vor dem Mähen eine kleine Menge Öl auf die Messer geben, wichtig aber sei das zweimaliges Abschmieren pro Arbeitstag. Für eine hohe Schlagkraft sei es wichtig, einen zweiten Messersatz parat zu haben, um ohne Nachschärfen sofort weiterarbeiten zu können, betont Gerald Priller wiederholt und liefert auch gleich genauere Angabe zum Zeitaufwand für Wechsel (10 min) und Schärfen (30 min). Das Nachschärfen sei sowohl handgeführt als auch vollautomatisch mit demselben Zeitaufwand möglich.

Unter den Anwesenden arbeiten bereits vier Landwirte mit Messerbalken Mähwerken. Gründe waren für sie eine Schonung der Insekten, das geringe Gewicht, der geringe Leistungsbedarf und eine einfache Handhabung. So könne man das Mähwerk auf dem Hof per Hubwagen und Palette rangieren. Als spezielle Einsatzbereiche wurden Streuobstwiesen, Hangflächen und Nassstellen genannt. Im Viehlosen Ackerbau sei es zudem möglich, Zwischenfrüchte und Gründüngung mit dem Messerbalken zu Mulchen und den Bestand durch das locker abgelegte Mähgut durchwachsen zu lassen.

Zum Abschluss ließ es sich Martin Hänsel nicht nehmen, einen weiteren »wunden Punkt«, wie er sich ausdrückte, anzusprechen: Ließen sich mit dem Balkenmähwerk denn Kurven fahren? Wollte er von Gerald Priller wissen. Die Antwort kommt promt, ehrlich und auch ein wenig werbewirksam:

»Unsere Technik ist zum geradeaus Fahren!«

Dann lenkt er aber doch ein um die Kurve zu bekommen. Denn langgezogene Kurven seien problemlos möglich. Damit wäre an diesem Feldtag ein weiter Bogen gespannt und für die Insekten bleibt zu hoffen, dass die Kurve der Verbreitung von Messerbalken Mähwerken nach oben führen wird.

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