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Heuernte © LVG

Der Stoffwechsel einer Milchkuh ist ein quantitativer Vorgang. Diesem sind natürliche Grenzen gesetzt. Eine Überschreitungen provoziert Stoffwechselstörungen. Deshalb ist eine Grenzpunktmarkierung in der praktischen Fütterung erforderlich.

Aufgrund der vielfältigen Wirkungen der »strukturwirksamen Rohfaser«, ist diese gut als Indikator geeignet. Die Zufuhr von strukturwirksamer Rohfaser ist für den Wiederkäuer essentiell. Diese Rohfaser muss aus dem Grobfutter geliefert werden. Sie hat neben der pansenphysiologischen Wirkung jedoch die Eigenschaft die Verdaulichkeit der Nährstoffe negativ zu beeinflussen. Außerdem wird durch eine begrenzte tägliche Wiederkauzeit bei steigenden Rohfasergehalten die Grobfutteraufnahme reduziert. Die Folge ist, dass bei niedrigem Leistungsniveau der Kraftfuttereinsatz steigen muss. Steigenden Kraftfuttergaben haben aber zur Folge, dass das Grobfutter und somit die strukturwirksame Rohfaser aus der Ration verdrängt wird. Da eine Mindestmenge an strukturwirksamer Rohfaser zur Verfügung stehen muss, ist der Verdrängungswirkung durch Kraftfutter eine Grenze gesetzt.

Wichtig für die Leistungsfähigkeit einer Milchkuhration ist somit die Höhe der Grobfutteraufnahme und das daraus begründete Milchbildungsvermögen. Beide Faktoren stehen in engem Zusammenhang zur Grobfutterqualität. Um diesen Zusammenhang für betriebliche Entscheidungen nutzbar zu machen, wurde von der LfL ein einfaches computergestütztes Excel-Programm entwickelt. 

Folgende Zusammenhänge liegen dem Modelansatz zugrunde:

  1. Die Futteraufnahme ist eine Funktion der Rohfaseraufnahme. Die maximale Aufnahme an strukturwirksamen Grobfutter wird bei ca. 0,50 - 0,55 kg Rohfaseraufnahme je 100 kg Körpermasse erwartet.
  2. Die Höhe der Kraftfuttergabe ist eine Funktion der Grobfutterleistung, die sich aus Grobfutteraufnahme und Energiedichte des Grundfutters ableitet. In Abhängigkeit der Grobfutterleistung muss die Kraftfuttergabe erfolgen. Mit steigender Kraftfuttergabe strukturwirksame Rohfaser aus der Ration verdrängt. Dabei beeinflusst die Energiedichte des Kraftfutters die Höhe der Kraftfuttergabe. Zur Berechnung der Verdrängung wird eine binomische Gleichung von MENKE u.a. (1983) genutzt.
  3. Als Mindestforderung für eine wiederkäuergerechte Milchkuhfütterung wird eine Aufnahme von 0,4 kg strukturwirksamer Rohfaser je 100 kg Körpermasse festgelegt. Wird durch die Verdrängung der Rohfaser bei steigenden Kraftfuttergaben dieser Wert unterschritten, ist die Leistungsgrenze der Ration erreicht und eine weitere Steigerung der Kraftfuttergabe würde unphysiologische Verhältnisse in den Vormägen und infolge Ernährungsschäden provozieren.
  4. Der Energiebedarf der Milchkuh wird in Abhängigkeit von der Körpermasse der Kühe (Erhaltungsbedarf) und des mittleren Milchfett und -eiweißgehaltes (Leistungsbedarf) nach den Empfehlungen des Ausschusses für Bedarfsnormen der Gesellschaft für Ernährungsphysiologie der Haustiere kalkuliert.
  5. Bei der Hochrechnung von der täglichen Milchleistung zur Laktationsleistung wird ein linearer statistischer Zusammenhang zwischen der höchsten Tagesleistung und der Laktationsleistung bei typischem Laktationskurvenverlauf unterstellt.

Die Vielzahl der unterstellten Zusammenhänge schränkt mehr oder weniger die Dynamik der Natur ein, was im Einzelfall zu Fehleinschätzungen führen kann. Das Programm sollte deshalb nur zur Orientierung für eine leistungsorientierte Einstellung der Grobfutterqualität genutzt werden. Die graphische und zahlengestützte Darstellung soll dabei zur Veranschaulichung der Zusammenhänge dienen und die Fütterungsberatung unterstützen helfen. Die gezielte Problemerfassung und Rationsgestaltung wird damit nicht ersetzt sondern nur eingeleitet.

Es gilt auch zu beachten, daß neben dem Rohfaser- und Energiegehalt des Grobfuttermittels auch eine Reihe anderer Faktoren die Futteraufnahme und damit auch die Verdrängung von Grundfutter aus Milchviehrationen beeinflussen können. Grobfutterqualität ist mehr als nur der energetische Futterwert.

Eine wichtige Entscheidungsgröße für den Futterver- bzw. zukauf und den Futtereinsatz oder austausch ist die Preiswürdigkeit eines Futtermittels. Sie verinnerlicht den Geldwert, den ein Futtermittel aufgrund seines spezifischen Nährstoff- bzw. Energiegehaltes zu anderen alternativen Futtermitteln besitzt. Die Preiswürdigkeit orientiert sich im Gegensatz zu Erzeugungskosten bzw. Einkaufspreisen am Gehalt an futterwertbestimmenden Inhaltsstoffen. Die Wahl der futterwertbestimmenden Parameter hängt dabei von der jeweiligen Bedeutung des Futtermittels in der Rationsgestaltung ab, z.B. ob ein Futtermittel als Proteinkonzentrat oder Energielieferant benötigt wird. Die Grenze der Preiswürdigkeitsberechnung ist dann gegeben, wenn futterwertbegrenzende Faktoren, die nicht in die Rechnung eingehen (z.B. verzehrsdepressive bzw. antinutritive Wirkungen oder hygienisch-toxikologische Abweichungen des Futtermittels), einen rein nährstoffbezogenen Austausch nicht sinnvoll erscheinen lassen.

Futtermittelspezifische Restriktionen (Einsatzbeschränkungen) für die einzelnen Tierarten bzw. -katagorien müssen grundsätzlich beachtet werden, wenn man nach einem preiswürdigen Austausch eines Futtermittels sucht. Außerdem ist nur ein Preisvergleich zwischen solchen Futtermitteln sinnvoll, welche sich uneingeschränkt in der Ration austauschen lassen. Zum Beispiel Grobfuttermittel und Kraftfuttermittel für Wiederkäuer zu vergleichen verbietet sich von selbst, da sie nicht ohne weiteres austauschbar sind.

Die Berechnung der Preiswürdigkeit eines Futtermittels kann über verschiedene mathematische Wege erfolgen und hängt von der Anzahl der zu berücksichtigenden Futterwertkennzahlen ab. Je mehr Futterwertkennzahlen man in die Preiswürdigkeitskalkulation einbezieht desto sicherer wird die Einsatzempfehlung des Futtermittels sein. Der mathematische Optimierungsaufwand erhöht sich jedoch mit steigender Anzahl zu berücksichtigender Parameter erheblich. In der LfL wurden nach den Ansätzen von LÖHR je ein Excel-Programm für Wiederkäuer und Schweine erarbeitet. Für die Bewertung von Futtermitteln für Rinder ist die Einbeziehung der Energiedichte (MJ NEL bzw. MJ ME je kg Trockenmasse) und des Rohproteingehaltes sinnvoll.

Grundsätzlich kann man auch das nutzbare Rohprotein als Proteinwert nutzen. Es gilt jedoch zu berücksichtigen, dass dieser Wert stark energieabhängig ist. Der Energiegehalt wird somit hoch gewichtet, wenn man nicht den RNB-Gehalt der Futtermittel in die Bewertung einbezieht.

 Bei Schweinefuttermitteln ist häufig neben der Energiedichte (MJ ME je kg) und dem Rohproteingehalt der Lysingehalt entscheidend für die zu ermittelnde Austauschwürdigkeit. Für die Berechnung der Preiswürdigkeit mit Optimierungsmodellen werden sogenannte Vergleichs- bzw. Standardfuttermittel festgelegt, an deren Qualität und deren Preisentwicklung auf dem Futtermittelmarkt die Bewertung der Austauschwürdigkeit geeicht wird.

In den überwiegenden Fällen wird auf Getreide als energiereiches Futtermittel und Sojaextraktionsschrot als proteinreiches Futtermittel zurückgegriffen. Der Rechenalgorithmus der Optimierung bewirkt, daß sich in Abhängigkeit des Preises der Standardfuttermittel die Preiswürdigkeit der möglichen Austauschfuttermittel verändern. Der Marktpreisentwicklung der Standardfuttermittel, in der Regel Gerste und Sojaextraktionsschrot, kommt somit eine Indikatorfunktion für den Futterzukauf zu.

Der hohe Futterkostenanteil an den variablen bzw. Gesamtkosten der tierischen Erzeugung erzwingt ein ständiges Nachdenken über den wirtschaftlichen Futtereinsatz. Einfluss darauf haben die Vollkosten der Futtererzeugung, die Kosten für den Futterzukauf sowie der Fütterungserfolg.

Der eigentliche ökonomische Wert eines Futtermittels wird immer erst nach dessen Einsatz im Fütterungserfolg sichtbar werden. Da die Grobfutterqualität die Leistung und die Leistung die Wirtschaftlichkeit bestimmt, bestimmt die Grobfutterqualität auch den Preis bzw. die maximal möglichen Erzeugungskosten für die eingesetzten Grobfuttermittel. Sowohl für den Futterverkauf oder Futterzukauf als auch für die Betriebszweigauswertung und zur Ermittlung der wirtschaftlichen Grenzbereiche müssen die Erzeugungskosten bzw. die Preiswürdigkeit des Grobfutters exakt bestimmt werden.

Zur Unterstützung dieser Kalkulation ist in der Sächsischen Landesanstalt für Landwirtschaft ein Excel-Programm entwickelt worden, welches die genannten Zusammenhänge mathematisch umsetzt und für die landwirtschaftliche Praxis nutzbar macht.

Grundlage der Berechnungen ist die Festlegung einer betrieblichen Basisqualität sowie von Basiserzeugungskosten. Der Betrieb wird somit auch gezwungen, die Anforderungen an Qualität und Wirtschaftlichkeit seiner Grobfuttermittel zu bestimmen.

Vorteilheit ist natürlich immer, wenn bereits Grobfutterkosten im Unternehmen erfasst wurden, also Ist-Erzeugungskosten für Grobfuttermittel mit einer festgelegten Basisqualität, vorliegen. Das Rechenprogramm kalkuliert die Leistungsdifferenz, die sich aus der tatsächlichen Futterqualität im Vergleich zur Basisqualität ergibt. Für diese Leistungsdifferenz wird der wirtschaftliche Vor- bzw. Nachteil ermittelt. Unterstellt wird gegenwärtig, dass bei 1.000 kg Leistungsdifferenz in der Milchproduktion ca. 150 EURO je Kuh und Jahr Differenz im Betriebsergebnis zu erwarten sind. Diese Zahl kann vom Nutzer des Programms variiert werden. Da die Leistungsdifferenz auf die Unterschiede in der Futterqualität zurückzuführen sind, werden die wirtschaftlichen Vor- bzw. Nachteile unmittelbar auf die Grobfutterkosten einer Milchkuh umgelegt. Das bedeutet, dass bei besseren Grobfutterqualitäten der Wert der Grobfuttermittel für die Milchviehfütterung steigt, hingegen bei schlechteren Qualitäten der Wert sinkt. Berücksichtigt wird außerdem der Konserviererfolg. Hier werden Faktoren unterstellt, welche individuell vom Nutzer angepasst werden können.

Ansprechpartner

Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie

Referat 74: Tierhaltung

Prof. Dr. Olaf Steinhöfel

Telefon: 034222 46-2200

Telefax: 034222 46-2099

E-Mail: Olaf.Steinhoefel­@smekul.sachsen.de

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