Aktueller Futterrat vom 21.02.2014

Mykotoxine über Milchkühe entgiften?

Mehr als 250 Schimmelpilzarten stehen unter Verdacht, Mykotoxine bilden zu können. Über 300 dieser Toxine wurden bisher beschrieben. Funktion, Entstehungsgeschichte oder Toxizität werfen nach wie vor mehr Fragen auf als Antworten. Aber es scheint übliche Praxis zu sein, suspekte Futtermittel über den Wiederkäuer zu entsorgen. Ist dies der richtige Weg?

Wie gefährlich sind die Toxine denn nun für die Milchrinder?

Schimmelpilze bzw. ihre Sporen gehören zum natürlichen Keimbesatz unserer Umwelt. Sie sind also überall und immer da, auch auf jedem Futtermittel. Jedes gesunde Lebewesen hat in seiner Evolution perfekt gelernt sich mit seiner Umwelt auseinanderzusetzen. Ein Wiederkäuer kann dies in besonderem Maße. In seinen Vormägen werden antinutritive Inhaltsstoffe aus Futterpflanzen und mikrobielle Stoffwechselprodukte verändert und unschädlich gemacht. Dies führt jedoch dazu, dass dem Wiederkäuer häufig die Entsorgerrolle für belastete Futtermittel aus der Marktfrucht- bzw. Schweinefuttererzeugung zukommt. Dies ist nicht per se ein Problem, aber es gibt Grenzen.

 

Und die wären?

Hauptgrenze ist die Pansengesundheit. Eine gestörte Pansenfermentation oder eine geschädigte Pansenschleimhaut, verringert die Entgiftungskapazität und steigert die Durchlässigkeit der Pansenwand auch für Toxine. Dies wird selten als Schadwirkung der Mykotoxine wahrgenommen, da keine typischen Erkrankungsbilder ausgelöst werden. Die beschrieben Krankheitssymptome können auch durch Infektionen oder andere Fütterungsfehler hervorgerufen worden sein. Die suspekten Futtermittel sind i.d.R. nicht mehr verfügbar. Eine retrospektive Untersuchungen zum mykotoxikologischen Status der Futtermittel ist zwecklos. Auch eine Untersuchung mykotoxikologischer Anreicherung in Körperflüssigkeiten oder Milch ist sehr umstritten. Bekannt ist, dass durch hohe Futteraufnahmen die Passagerate des Futterbreis durch den Pansen steigt, wodurch Toxine weniger stark abgebaut werden und verstärkt in den Labmagen bzw. Darm gelangen können. Eindeutige Dosis-Wirkung-Beziehungen gibt es aber bisher nicht.

 

Bei der Fülle an Pilzen und Toxinen bekommt man schon Angst. Welche der Pilze und Toxine sind denn wirklich problematisch?

Von den mehreren hundert gegenwärtig bekannten Mykotoxinen haben nur eine Handvoll eine praktische Bedeutung für die Tierernährung. Nur wenige kommen in Konzentrationen vor, die toxikologisch bedenklich werden. Man konzentriert sich deshalb auf Leittoxine. Als Leittoxine der Lagerpilze werden Aflatoxin B1 und Ochatoxin A genannt. In Silagen gibt es zudem spezielle Pilze, die mit den niedrigen pH-Werten zurechtkommen und z.B. Mycophenolsäure oder Moniliformin bilden. Für die Feldpilze gelten die Fusarientoxine Deoxynivalenol, DON, und Zearalenon, ZON, als Leittoxine. HT-2 und T-2-Toxin sind zwar toxischer, kommen dafür aber oft nur in sehr geringer Konzentration und häufig als Zweit- oder Dritttoxin bei hohen DON-Gehalten vor. Fumonisine sind erst in neuester Zeit als Problem erkannt. Bisher gibt es aber noch wenig Erfahrung mit Gehalten in Futtermitteln.

 

Wie ist die futtermittelrechtliche Regelung hier aktuell?

Das einzige Mykotoxin, für das es futtermittelrechtliche Grenzwerte gibt, ist Aflatoxin B1. Für dieses Toxin gilt auch das Verschneidungsverbot. Aflatoxine werden ausschließlich von Aspergillus flavus, A. parasiticus und A. nomius gebildet. Sie brauchen eine Wachstumstemperatur von über 30 °C. Deshalb sind Aflatoxine in Futtermitteln gemäßigter Klimazonen kaum nachweisbar. Sie werden in der Regel aus subtropischen und tropischen Gebieten importiert. Verbindliche Grenzwerte für Fusarientoxine gibt es bisher nur für Lebensmittel. Seit August 2006 gibt es eine EU Empfehlung für Höchstgehalte von Mykotoxinen in Futtermitteln. Hier werden Richtwerte für Deoxinivalenol, Zearalenon, Fumonisine und Ochratoxin A formuliert. In Milchviehrationen sollten z.B. 5.000 Mikrogramm DON je Kilogramm (88 % TM) nicht überschritten werden.

 

Können die Mykotoxine in den Futtermitteln denn auch für uns Menschen ein Problem werden?

Der Umgang mit verpilzten Futtermitteln birgt das Risiko der Aufnahme von Mykotoxinen und Sporen über Stäube in die Lungen bzw. die Schleimhäute. Stärke und Dauer der Einwirkung wird den Grad der gesundheitlichen Beeinträchtigung bestimmen. Andererseits, und darauf wollten sie sicher hinaus, ist ein Eintrag der Toxine in Milch auszuschließen. Bisher ist hier nur ein nennenswerter carry over von Aflatoxin bekannt. Deshalb gibt es hier den futtermittelrechtlichen Grenzwert. Für die Leittoxine der einheimischen Futtermitteln ist dies bisher nicht gesichert nachgewiesen. Deshalb gibt es hier  Orientierungswerte. Die haben zum Ziel, insbesondere die Leistung und Gesundheit der Tiere zu schützen, weniger den Verbraucher. Es besteht jedoch immer eine Vorsorgepflicht, welche auch kontrolliert wird.

 

Macht das viele Untersuchen und das in jeder nur denkbaren Matrix eigentlich Sinn? Was kann man mit den Ergebnissen am Ende anfangen? Werden die Befunde sinnvoll und richtig gewertet? Welche Symptome bzw. welcher Indikator zeigt beim Milchrind eine mykotoxikologische Schadwirkung an? Sollten wir die Problemsicht nicht eher auf die Erzeugung, Lagerung und Konservierung konzentrieren? Fragen über Fragen, welche ausgewiesenen Experten auf dem Sächsischen Futtertag am 12. März 2014 in Nossen beantworten wollen.
Dr. O. Steinhöfel, Köllitsch

 

Ansprechpartner

Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie

Referat 74: Tierhaltung

Prof. Dr. Olaf Steinhöfel

Telefon: 034222 46-2200

Telefax: 034222 46-2099

E-Mail: Olaf.Steinhoefel­@smekul.sachsen.de

Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie

Referat 74: Tierhaltung

Frank Püschel

Telefon: 034222 46-2211

E-Mail: Frank.Pueschel@smul.sachsen.de

Webseite: http://www.lfulg.sachsen.de

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